Ob die Entwickler der meisten asiatischen Bandmaschinen jemals einen Fernseher von innen gesehen hatten – ich unterstelle mal, in früheren Zeiten wurden selbst japanische Fernsehgeräte noch repariert – kann ich nicht beurteilen. Wer die TS 1000 öffnet, der ahnt nicht nur, dass die Konstrukteure bei Grundig sich in ihrer Ausbildung rechtzeitig mit der Thematik „Service“ hatten auseinander setzen müssen.
Das Gehäuse der TS1000 besteht aus einer Holzzarge, die vorn und hinten mit den Kunststoff-Deckeln Frontplatte und Rückwand abgeschlossen ist. Zwecks optimaler Belüftung ist die Rückwand mit zahllosen Lüftungsschlitzen durchbrochen, während die Frontplatte durch einen zwei Millimeter starken Spalt vom Holzkporpus abgehoben bleibt. Durchzug gegen Wärmestau.
Das gesamte Innere der Grundig hängt an dem massiven Alu-Druckguß-Chassis, das über seinen Kühlkörper mit der Zarge verbunden ist. Unter dem Chassis ist eine Metallplatte angeschraubt, unter der das Gros der Elektronik der Grundig hängt. Zur Stabilisierung und besseren Abschirmung ist dieser Bereich durch aufrecht stehende, stabile Bleche in mehrere Fächer unterteilt, die Laufwerkssteuerung, Aufnahme- und Wiedergabeverstärker, optionale Dolby-Schaltkreise, Relais- und Anschluß-Platinen enthalten.
Um die Grundig vollständig zu öffnen sind sechs Schrauben der Frontplatte zu lösen, dazu die Umlenkrollen der Bandführung etwas in Richtung Geräteoberseite anzuheben, und die Frontplatte läßt sich samt sämtlicher Schieberegler abnehmen, ohne daß einer der Knebelschalter, eine Andruckrolle, oder ein anderes Bauteil entfernt werden müsste. Ebenfalls sechs Schrauben halten die Rückwand. Auch hier läßt sich die Haube problemlos abnehmen und gibt den Blick auf ein aufgeräumtes Innere frei.
Nahezu die gesamte Elektronik der Grundig ist auf Steckkarten montiert, die sich im unteren Drittel des Gehäuses befinden. Um dem Service-Techniker die Fehlersuche einfacher zu machen, liefert jede TS1000 eine Verlängerungskarte mit, mit deren Hilfe das verdächtige Bauteil im Betrieb, doch außerhalb des Gehäuses, beobachtet und durchgemessen werden kann. Bei welcher anderen Bandmaschine ist diese Ausstattung gleich auch noch serienmäßig mitgeliefert?
Optional läßt sich die Grundig um zwei Dolby-Platinen nachrüsten. Ebenfalls per Steckkarte. Optional läßt sich die Grundig um eine Autoreverse-Steuerung nachrüsten. Ebenfalls per Steckkarte.
Die wenigen Platinen, die nicht ausschließlich gesteckt sind, lassen sich recht einfach und schnell entnehmen. Ihre elektrischen Verbindungen sind per Kabel – gesteckt. Wer schon einmal eine große Teac mit den einzeln verlöteten Litzen ihrer umfangreichen Kabelbäume repariert hat, der träumt vom Service an der Grundig!
Wer schon einmal eine ASC tranchiert hat, der weiß, er braucht Spezialwerkzeug und Klebeband zum Öffnen. Mit Ersterem kann man durch einen Spalt hindurch eine Klemme im Innern der unteren Gehäuseschale entriegeln. Mit Letzterem werden nach Anleitung die Plastikkappen von Umlenkrollen (AS6000) und Verschraubung der Bandteller gelöst.
Die Umlenkrollen der Grundig sind gesteckt. Um die Grundig ihrer Umspul-Motoren zu berauben, schraubt man die zentrale Schraube in der Achse heraus, entnimmt den Achsnippel und hebt dann den Bandteller ab. Dabei bitte nicht die beiden Unterlegscheiben verlieren! Dann liegen die drei Schrauben der Motorhalterung frei. Sind die gelöst, läßt sich der Papst-Außenläufer nach hinten abziehen. Ein kompletter Motorenwechsel an der TS1000 bedarf somit, beginnend mit dem „auf die Arbeitsplatte stellen“ bis zum „fertig“ etwa fünf Minuten. Wenn der Techniker nicht blind ist, über Hände mit ausreichend Fingern und optionalem Schraubenzieher verfügt und nicht all zu lange in seinem Lager nach dem Ersatz-Motor suchen muss.
Der Riemenwechsel an Capstan und Zählwerk gestaltet sich ähnlich entspannt: Der Zählwerksriemen (07881-789.00) ist bei geöffneter Maschine frei zugänglich. Um den Vierkantriemen (07881-787.00) des Capstan-Antriebes zu wechseln wird lediglich das untere (bzw. hintere) Tonwellenlager, komplett mit Capstanmotor und Platine abgeschraubt (vier Schrauben) und der Riemen (ausgelegt ca. 465x2x2mm) ist zugänglich. Vor dem Wiedereinbau des Tonwellen-Motorbausteines wird der Riemen zuerst auf die kleinere Riemenscheibe eingelegt und auf die zwei Zapfen des Kunststoff-Spurlagers gespannt. Nach dem Einbau des kompletten Tonwellen-Bausteines wird der Riemen von den Zapfen auf die Lauffläche der Schwungmasse umgesetzt.
Viele Service-Arbeiten an der Grundig könnten von einem Anlernling ausgeführt werden. Wenn da nicht das Problem mit dem Lesen wäre, auf das uns ja schon die Pisa-Studie hinlänglich hingewiesen hat. Zahllose abgerissene Schieberegler von Grundig TS 1000 beweisen: Entweder war das Gros der Techniker so grundsätzlich von Service-feindlicher Importware verdorben, dass sie sich nicht vorstellen mochten, man könne solch Regler auch Service-freundlich konstruieren, und/oder nicht in der Lage die ausführliche Zerlege-Anleitung zu lesen, die zugegebenermaßen nicht jede Service-Anleitung der TS 1000 ziert. Es gibt unterschiedliche Ausgaben. Die Folge: Der Gewohnheit folgend wurden die Schieberegler oftmals – wahrscheinlich unter lautem Fluchen, weil so anstrengend – abgerissen, dabei zerstört, und erst dann die Frontplatte abgenommen. Intelligenterweise zerstörte der freundliche Service-Techniker, trotz der Anstrengung und der Erkenntnis bei jedem einzelnen Regler: Der ist jetzt kaputt, erst konsequent alle Regler, bevor er versuchte zu ergründen, ob es da einen Trick geben könnte, die Front abzunehmen, ohne die Regler zu zerstören. Erst dann folgte wahrscheinlich der erste Aha-Anflug, ein ungläubiger Blick in die Service-Anleitung, ein erneutes, noch ausführlicheres Fluchen, und dann der zeitaufwendige Versuch, die Schlamperei mit Klebstoff gegenüber dem zahlenden Kunden zu vertuschen. Das selbst zu Zeiten, als es die Regler noch neu als Ersatzteil zu kaufen gab. Ein Hoch auf den zertifizierten Meisterbetrieb!
Übrigens wird gerne und zunehmend verbreitet, die Regler der Grundig würden häufig abbrechen. Das tun sie meines Wissens nach nicht im normalen Betrieb. Außer, man reißt sie mit Gewalt ab. Oder aber, sie waren schon einmal abgerissen und schlecht geklebt.
Die Leichtigkeit ihres Entmantelns führt übrigens bei mir dazu, daß ich ansichtig der wenigen Schrauben in der TS1000, die einige verbleibende Platinen der Capstansteuerung und des Netzteils halten, geradezu depressiv verharre und nach leichteren Methoden ihrer Entfernung suche, als ein paar Schrauben zu lösen. Die anderen konnte man doch auch einfach abstöpseln!
So sind im hinteren Innenraum tatsächlich vier Platinen sichtbar, die per Schraubenzieher gelöst werden wollen. Eine davon – sie verdeckt den linken Außenläufer – ist von oben, durch den Kühlkörper, befestigt. Tatsächlich war ich zeitweise versucht, dies als inkonsequent zu betrachten, bis ich wieder an meine frühere Teac dachte und die Relation wiederfand. Es bleibt dabei: Die Grundig ist vollkommen problemlos zu zerlegen.
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