TS1000 – Sand im Getriebe – Kugellager tauschen?

In meinem letzten Blogbeitrag – der den ich kurz vor meinem Braukurs in Landshut verfasste – habe ich die Motorengeräusche aus dem Kugellager des rechten Wickelmotors erwähnt. Durch die Instandsetzung des Netzteils ist es mir ja nun möglich den mechanischen Antriebsstrang zu testen.

 

Die robusten PAPST Außenläufer haben mit ihren SKF-Kugellagern zwar eine Lebenszeitschmierung aber dennoch können Ausreißer dabei sein. Der Austausch von Kugellagern ist auch nach 40-45 Jahren nicht immer unbedingt nötig. Aber mein Motor hier macht seltsame Geräusche.

Der Papst Außenläufer aus dem Jahr 1976 ist für die Ewigkeit gebaut – manchmal. (c) Heinz D. Schultz

Mit 4 Schrauben kann man den PAPST Motor ausbauen. Zuerst entfernt man den Wickelkern mit der zentralen Schraube. Bitte achtet darauf, einen passenden Schraubenzieher anzusetzen. Die Zentralschraube des Wickelkerns ist schwarz brüniert und es wäre schade, wenn man einen Kratzer hinterlässt.

Den Wickelteller entfernt man mit einer Zentral-Schraube. (c) Heinz D. Schultz

Der Wickelkern lässt sich leicht abziehen, das zeugt von präziser Verarbeitung. Anschließend liegen die 3 Befestigungsschrauben frei. Beim Ausbau bitte sehr vorsichtig mit dem Bremsband hantieren.

Keine Fettfinger bitte!

Ich trage bei diesen Aktionen immer Wollhandschuhe, um keine kriminalistischen Fettspuren meiner Finger-DNA zu hinterlassen. Die Beflockung der Bremsbänder ist empfindlich.

 

Nach dem Abziehen des Wickeltellers kann man schon sehen, was u.U. im Argen liegt. Das Kugellager treibt Fett aus. Austreibendes Fett bedeutet auch, dass die Kugeln im Lager unter Umständen nicht mehr ausreichend geschmiert sind. Das führt langfristig zu Laufgeräuschen die auch schon im normalen PLAY-Modus stören. Deutlicher wird das beim Umspulen mit hoher Geschwindigkeit.

Fettaustrieb am 41 Jahre alten Kugellager. (c) Heinz D. Schultz

Ich habe mich entschlossen beide Lager an diesem Motor zu tauschen. Die Kugellager sind Industriestandard und meine kommen von SKF Schweinfurt. Man kann die Kugellager sehr günstig im Internet kaufen. Die Bezeichnung lautet: 

 

SKF 608-ZZ (8x22x7mm / Achsdurchmesser x Durchmesser x Höhe)

 

 

Zuerst müssen die alten Lager raus.

 

 Hierzu entfernt man wie auch auf der Explosionszeichnung zu sehen die beiden Außen-Sprengringe. Ich empfehle bei solchen Aktionen immer Präzisionswerkzeug einzusetzen.

Explosionszeichnung des Papst Außenläufers. Die Anzahl der Scheiben kann von Baureihe zu Baureihe unterschiedlich sein. (c) Heinz D. Schultz

KNIPEX liefert hierzu ausgezeichnete Zangen. Bei den PAPST Motoren werden Sprengringe (Außenringe) und Seegeringe (Innenringe) eingesetzt. Dazu benötigt man zwei unterschiedliche Zangen.

 

Eine Zange für die Außen-Sprengringe und eine Zange für die Seegeringe (Innenringe).

 

Die Zangen liegen im Schnitt bei ca. 12 EUR. Amazon ist eine gute Einkaufsquelle dafür.

KNIPEX Zangen für Außensprenringe. Zuverlässiges Werkzeug. (c) Heinz D. Schultz

Zur Demontage der Kugellager ist es erforderlich, mit etwas handwerklichen Geschick vorzugehen. Die Kugellager müssen aus Ihrern Lagerung gedrückt, respektive geschlagen werden. Ich verwende dazu einen langen Schlitzschraubenzieher und einen 300g Hammer.

Der Schraubenzieher wird durch das obere Kugellager gesteckt und an dem unteren Kugellagerrand angesetzt. Bitte darauf achten, dass man nicht den Innenliegenden Seegering des Lagers als Ziel auswählt. Nun schlägt man mit dem Hammer, leicht auf den Schraubenzieher und wiederholt diese Aktion kreisförmig, bis sich das Lager aus der Fassung löst. Bitte unbedingt darauf achten, dass die Kunststoffverschalung für die Motorwicklung nicht beschädigt wird. Das Gleiche gilt natürlich für die Kupferwicklung. Die feinen Drähte sind sehr empfindlich und brechen sehr schnell.

 

 

 

Das gleiche Spiel erfolgt nun mit dem oberen Kugellager.

 

 

 

Die beiden innenliegenden Seegeringe kann entweder im Lager lassen oder ersetzt sie gleich mit. Der Ring spielt hier lediglich die Rolle des Tiefen-Fixierers für das Kugellager.

Der innenliegende Seegering dient zur Fixierung der Einpresstiefe. (c) Heinz D. Schultz

 

Söhne von U-Boot-Fahrern machen alles anders.

 

Ich bereite meine SKF-Kugellager vor dem Einbau vor. Hierzu entferne ich die werksseitige Schmierung der Kugeln mit Tickopur unter Ultraschall. Nach der Reinigung werden beide neuen Lager in  Molykote BG-20 bei 45-65 Grad im Fettbad vorbereitet. Das Fett ist ideal für die Kugellager der PAPST Motoren in der TS1000.

 

Langzeitschmierung, verbunden mit einer konsistenten Anhaftung auch bei hohen Geschwindigkeiten.

Das neue und alte Kugellager mit dem Kunststoffhammer. (c) Heinz D. Schultz

Nach dem Fettbad kommen die Kugellager 8-12 Stunden verpackt in einem Kunststoffbeutel in die Tiefkühltruhe. Dadurch zieht sich das Metall um einige Mikrometer zusammen und erleichtert das Einpressen in die Motorenlager.

Zum Einpressen/Einschlagen verwende ich den Außenring des alten Kugellagers in Kombination mit einem Hartplastik-Hammer. Dabei liegt der Motor plan auf einer stabilen Arbeitsplatte, um den nötigen Gegendruck zu halten. Vorsichtiges Hantieren zahlt sich aus, die Kugellager sitzen fest. Beim oberen Kugellager ist darauf zu achten, dass es tiefer eingeschlagen werden muss. Der Seegering liefert ja einen genauen Tiefenanschlag.

Abschliessend werden die Außensprengringe angebracht – bitte unbedingt neue verwenden –  und der Wickelkern aufgeschraubt, fertig!

Der PAPST Wickelmotor schnurrt wieder wie ein Kätzchen.

 

Ein fertiges Kugellagerkit mit Aussen-Sicherungsringen gibt es in meinem Shop.

Für die Youtube-Schauer habe ich auch ein kleines Video gedreht, zurücklehnen, anschauen und zuhören!

 

 

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